Ist Bitcoin ein Klimakiller?

 

Bitcoin und der Energiebedarf: Macht das Mining Bitcoin zu einem Klimakiller?

Das Bitcoin-Netzwerk steht seit jeher für den energieintensiven Mining-Prozess stark in der Kritik. Das Mining ist ein essentieller Bestandteil von Bitcoin, weil hierdurch die Transaktionen innerhalb des Bitcoin-Netzwerkes abgewickelt und abgesichert werden – und im Gegenzug neu erschöpfte Bitcoin als Entlohnung ausgezahlt werden. Hierfür sind spezifische Rechenmaschinen notwendig, welche mit spezialisierten Mikrochips ausgestattet sind und für ihre Mining-Aktivitäten viel Energie (Strom) bedürfen. Diese Thematik wird von Medien gemeinhin undifferenziert aufgegriffen, so dass pauschalisierende Kurzfassungen entstehen und sich kurzsichtige, stellenweise inkorrekte Narrative festsetzen. 

Der Energiebedarf Bitcoins – rational analysiert

Aktuellen Daten der Cambridge University zufolge liegt der jährliche Strombedarf zur Absicherung des Bitcoin-Netzwerks bei 140 TWh, was einen Anteil am weltweiten Strombedarf von 0,6% ergibt. In der Berichterstattung wird diese Kennzahl häufig dem Strombedarf einzelner Länder gegenübergestellt – so übertrifft Bitcoin mit 140 TWh etwa Ukraine und Pakistan. Eine valide Einordnung der Vebrauchsmengen von Bitcoin über den Vergleich eines knappen Rohstoffs und Wertaufbewahrungsmittels, welches den Betrieb eines weltweiten dezentralen Zahlungsnetzwerks sicherstellt, mit einzelnen Nationen ist inhaltlich nicht zweckmäßig und fördert lediglich undifferenzierte Ableitungen. Entsprechend begründet ein Abgleich der Stromverbrauchsmengen der Goldproduktion sowie des klassischen Bankenwesens mit Bitcoin eine wesentliche höhere Aussagekraft. Hierbei ist zu betonen, dass die verfügbaren Daten hohe Unsicherheiten mit sich bringen: Während der Stromverbrauch Bitcoins ziemlich präzise hochgerechnet werden kann, fallen die Schätzungen für die Goldproduktion sowie dem Bankensystem aufgrund der komplexen Prozesse (u.a. Recycling, Transport) sehr unterschiedlich aus. Es lässt sich jedoch festhalten, dass das Bitcoin-Netzwerk tendenziell weniger Strom als Gold und das Bankensystem beansprucht. Hierbei gilt es ebenfalls zu bedenken, dass die vorliegenden Daten keine direkten Umweltschäden berücksichtigen, so dass insbesondere die Umweltkosten des Baus und Betriebs von Goldminen zusätzlich zu beachten sind.

Bitcoin hat einen hohen Stromverbrauch – und dies ist richtig & wichtig

Trotz der Einordnung des Stromverbrauchs von Bitcoin ist es zweifellos so, dass der Betrieb des Netzwerks äußerst stromintensiv ist – und es ist verständlich, dass die Frage nach der Notwendigkeit aufkommt. An dieser Stelle ist es jedoch essentiell zu verstehen, dass das Bitcoin-Netzwerk explizit auf einen hohen Strombedarf angewiesen ist, um die Dezentralität sicherzustellen: Wäre der Aufwand (hier: Energieaufwand) zum Betrieb des Netzwerks gering, könnten zentrale Parteien kostengünstig entsprechende Aufwände eingehen und somit die Hoheit über die Abwicklung und Absicherung der Transaktionen auf der Blockchain – und damit eine zentrale Kontrolle über das Netzwerk selbst – erreichen. Entsprechend ist der Proof-of-Work Mechanismus, nach dem die Teilnehmer (Miner) einen hohen Arbeitsaufwand investieren müssen, um einen Transaktionsblock in das Kassenbuch (die Blockchain) eintragen zu können, notwendig, um die Dezentralität, welches das wesentliche Charakteristikum des Bitcoin-Netzwerks darstellt, zu gewährleisten (Wozu Bitcoin?). 

Kurzum: Der hohe Energiebedarf ist keine Folge veralteter Technologie, sondern eine bewusste und  alternativlose Anforderung. Aus diesem Grund verbraucht das Bitcoin-Netzwerk keinen Strom „sinnlos“, sondern sinnvoll – zur Sicherheit des Netzwerks und somit Wahrung des Nutzens von Bitcoin. Mediale Verweise und Forderungen, den zugrundeliegenden Proof-of-Work-Mechanismus auf Alternativen (wie etwa Proof-of-Stake) umzustellen, zeugen somit lediglich von fehlendem Verständnis über Bitcoin, seinem Nutzen und Potenzial und stellen keine Option dar. Zusätzlich ist eine Analyse des reinen Stromverbrauchs zu kurzsichtig und undifferenziert, denn das Bitcoin-Netzwerk bietet hierbei energiewirtschaftliche Anreize, welche die Energiewende fördern und somit dem Umwelt und Klima zukünftig zugutekommen werden.  

Das Bitcoing-Mining fördert aktiv erneuerbare Energiequellen

Aktuelle Daten des Bitcoin Mining Councils – einem Zusammenschluss führender Mining-Unternehmen zur Transparenz ihrer Mining-Aktivitäten – ergeben, dass der Anteil erneuerbarer Energien beim Bitcoin-Mining bei 60% liegt. Hiermit ist der Strommix des Bitcoin-Minings wesentlich nachhaltiger aufgestellt als der herkömmliche internationale Strommix – und offenbart den Beweis, dass Bitcoin ein Anreizsystem für den Ausbau erneuerbarer Energien schafft, welches in der medialen Berichterstattung zumeist unberücksichtigt bleibt: Die Bitcoin-Miningindustrie zeichnet sich als hervorragender Abnehmer für überschüssigen Strom aus, welcher sich regelmäßig aus nachhaltigen Energiequellen wie Solar und Wind infolge fehlender Speicherkapazitäten ergeben. Bevor der Strom aus ungenutzten Energiequellen zu negativen Preisen verkauft werden muss und hierdurch 

die Wirtschaftlichkeit der Solar- und Windkraftunternehmen reduziert wird, kann das Bitcoin-Mining aufgrund der Flexibilität des Hoch- und Runterfahren sowie der generellen Ortsunabhängigkeit diesen Strom für das Mining nutzen. Somit ergeben sich für die Unternehmen zusätzliche Erlösquellen, was ihre Rentabilität erhöht und den Anreiz für weitere nachhaltige Energiequellen im Land erhöht. Wissenschaftliche Studien, wie etwa des Wissenschaftsmagazins ACS Sustainable Chemistry & Engineering oder der Beratungsfirma KPMG, belegen den positiven Effekt von Bitcoin-Mining als Anreizsystem für nachhaltige Energiequellen. Doch neben dieses monetären Anreizsystems gibt es eine Reihe weiterer Umwelt- und Klimapotenziale, die das Bitcoin-Mining verspricht.

Potenziale des Bitcoin-Minings für Umwelt- und Klimaschutz

  • Ausbau und verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien

Wie bereits diskutiert, schafft das Bitcoin-Mining grundsätzlich Anreize erneuerbare Energien zusätzlich in das Stromnetz zu integrieren, weil bisherige Überschüsskapazitäten, welche die Rentabilität und folglich auch den weiteren Ausbau gehemmt haben, erlösbringend abgenommen werden können.

  • Stabilisierung des Stromnetzes

Zusätzlich unterstützt die flexible Stromabnahme des Bitcoin-Minings auch das Stromnetz, wenn Stromknappheit vorliegt. Studien belegen, dass ein schnelles Herunterfahren des Minings einen Nachfrageüberhang ausgleichen und somit das Stromnetz stabilisieren kann, so dass das Risiko eines Black-Outs minimiert wird. In der Vergangenheit arbeiteten in den USA bereits Strombetreiber mit Mining-Unternehmen in solchen Fällen zusammen.

  •  Nutzung der Wärme

Beim Miningvorgang wird viel Abwärme produziert, welche gezielt für Heizvorgänge genutzt werden können. Entsprechende Prototypen, welche Heizlösungen mit einem integrierten Bitcoin-Mininggerät kombinieren, sind bereits auf dem Markt für den Privathaushalt erhältlich. Weitere Lösungen sehen die Einleitung von Abluft in bestehende Rohrsysteme vor, um Immobilien mit der Abwärme zu heizen. Als bekannte Unternehmen können für den deutschsprachigen Raum Terahash sowie MintGreen genannt werden.

  •  Reduzierung vom klimaschädlichem Methan

Beim Prozess der Abfackelung, welche etwa bei der Förderung von Öl und Gas sowie in chemischen Betrieben und Mülldeponien genutzt wird, wird mit Methan eines der klimaschädlichsten Gase freigesetzt. Aufgrund der flexiblen Ortswahl für Mining-Geräte bietet sich die Möglichkeit an, die Energie aus dem abgefackelten Gas für das Bitcoin-Mining zu verwenden – entsprechende Kooperationen zwischen Förderunternehmen, die durch Monetarisierung eines Abfallprodukts eine weitere Erlösquelle erschließen, mit spezialisierten Unternehmen existieren bereits in den USA.

  • Erhöhung der Wirtschaftlichkeit von Kernenergie

Wie eine Studie des Institute of Risk Management darlegt, bietet das Bitcoin-Mining die Chance klimafreundliche Kernenergie profitabler zu machen, indem auch hier überschüssige Energie abgenommen werden kann. Außerdem können Mining-Anlagen mit kleinen modularen Reaktoren kombiniert werden, um die Attraktivität dieser Anlagen auch in entlegenden Gebieten zu erhöhen.

  • Nutzung von ozeanthermischen Kraftwerken

Bislang gilt die Nutzung von Ozeanthermie als zu kostspielig für eine kommerzielle Nutzung. Gemäß der Studie des IRM könnte durch die Integration von Bitcoin-Mining die Effizienz notwendiger Kraftwerke in einem Maße gesteigert werden, dass in Inselstaaten, etwa in Hawaii, auch wirtschaftlich betrieben werden könnten.

  • Ausbau von Erdwärme und Wasserkraft

Ebenso könnte gemäß der Studie die Integration von Bitcoin-Mining in Wasserkraft- und Geothermiekraften die Rentabilität insoweit gesteigert werden, dass sich die hohen Initialkosten für den Bau und Modernisierung solcher Anlagen rechnet.

Fazit: Bitcoin benötigt einen hohen Strombedarf – und fördert hiermit aktiv die Energiewende

Aus diesen Potenzialen – und teilweise bereits umgesetzten Projekten – wird ersichtlich, dass das Bitcoin-Mining ein aktiver Beschleuniger der Energiewende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung ist. Der gegenwärtige ökologische Fußabdruck, den das Mining zweifelsohne mit sich bringt, kennzeichnet das systematische Problem der globalen Energieversorgung, welches es zu lösen gilt. Hierbei ist es wichtig festzuhalten, dass das Netzwerk entgegen der Berichterstattung keine Energie „sinnlos“ verbraucht, sondern diese das grundlegende Sicherheitselement für die Dezentralität des Netzwerk darstellt und unabdingbar ist. Entsprechend der Anreize, welche das Bitcoin-Mining für erneuerbare Energiequellen schafft, ist der Strommix des Minings bereits weitaus nachhaltiger als der durchschnittliche Strommix. Wie wissenschaftliche Studien auch belegen zeigt sich, dass das Bitcoin-Mining die richtigen Anreize schafft und als Profitabilitätshebel für nachhaltige Energiequellen zum Ausbau dieser genutzt werden sollten. Auch ein häufig hervorgebrachter Kritikpunkt, dass das Mining mit der Zeit sehr viel unnützen Hardware-Abfall produziert, ist durch die dargelegte Anreizstruktur zu widerlegen, da sich alte, aber dafür sehr kostengünstige Mining-Geräte wirtschaftlich hervorragend als Standby-Geräte zur Abnahme von Überschussenergien eignen.

 

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- Henry Jonson