Ist Bitcoin zu ungleich verteilt?
Bitcoin und die Verteilungsfrage: Ist Bitcoin sozial ungerecht?

Mit der rasanten Preisentwicklung von Bitcoin in den vergangenen 14 Jahren gehen auch enorme Wertsteigerungen von Bitcoin-Haltern einher, welche frühzeitig investiert haben: Eine Investition in 100 Bitcoin für insgesamt 40.000 € im Frühjahr 2016 wären nach heutigem Stand (12/2023) 40 Mio € wert. Durch die sehr niedrigen Preise in den Anfangsjahren kommt es dazu, dass sich gegenwärtig ein hoher Anteil der Gesamtmenge Bitcoins auf verhältnismäßig wenigen Adressen (Konten = Nutzer) konzentriert. Medial wird hieraus häufig abgeleitet, dass Bitcoin ungleich verteilt sei und aus diesem Grund kein sozial „gerechtes Finanzsystem ohne mächtige Akteure“ darstellen könne. Zusätzlich wird eine starke Miningkonzentration auf einige wenige Miner angeführt, wodurch sich die Verteilung neu geschaffener Bitcoin ebenfalls auf einige wenige Parteien konzentriere.
Ein Blick in die Daten: So sind Bitcoin-Bestände verteilt
Da die Blockchain öffentlich einsehbar ist, sind auch die Bestände aller einzelnen Bitcoin-Adressen zu analysieren. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass bestimmte Adressen – insbesondere jene mit hohen Beständen – als Sammeladressen bestimmter Services und Entitäten, wie etwa den Kryptobörsen und Minern fungieren. Aus diesem Grund werden nachfolgend die Daten von Glassnode, einem der führenden Blockchain-Analyse Unternehmen, hinzugezogen, welche entsprechende Adresszuordnungen in ihren Verteilungsanalysen separiert. Die Daten für Januar 2023 zeigen, dass 6,5% aller Bitcoins von Adressen (vereinfacht: Nutzer) gehalten werden, welche weniger als 1 Bitcoin besitzen. Knapp 30% aller Bitcoins werden demnach von Nutzern gehalten, die bis zu 100 Bitcoin halten. Demgegenüber stehen wiederum knapp 30% aller Bitcoins, die von sehr großten Bitcoin-Eigentümer (>1.000 Bitcoin) gehalten werden. Es gilt jedoch die Einschränkung zu beachten, dass eine detailliertere Unterteilung nach Unternehmen, Staaten, Verwahrer und weiteren Entititäten vs. Privatleute

nicht möglich ist – dementsprechend wird die Verteilung unter Privatleuten wesentlich gleichverteilter sein, als diese Daten ausdrücken.
Dennoch lässt sich festhalten, dass sich ein großer Anteil der Bitcoinmengen auf sehr stark investierten Teilnehmern konzentriert, so dass die Bitcoin-Bestände keinesfalls annäherend gleich verteilt sind. An dieser Stelle ist zu betonen, dass das Bitcoin-Netzwerk eine solche Gleichverteilung auch keinesfalls herbeiführen soll: Die Idee Bitcoins liegt in der Dezentralität und Freiheit eines unabhängigen Geldsystem. Jeder, der teilnehmen möchte, kann dies tun – muss dies jedoch auch nicht. Da ein Investment in sehr frühen Zeiten in Bitcoin mit einem wesentlich höheren Risiko verbunden war – und der zwischenzeitliche Nicht-Verkauf ebenfalls eine Leistung ist -, ist es folgerichtig, dass die frühzeitigen Teilnehmer und Investoren des Netzwerks auch entsprechend hiervon profitieren. Entgegen der medialen Darstellung haben diese vermögendenen Nutzer – dies gilt gleichermaßen für die Miner – keinerlei Sonderrechte im Netzwerk, so dass keine Machtkonzentration entsteht. Bitcoin ist ein freiheitliches System ohne zentrale Instanzen, welche die Verteilung steuern könnte und sollte. Es steht für Eigenverantwortung und individuelle Entscheidungsfreiheit, so dass jede Person es in der eigenen Hand hat, wann sie in welchem Umfang Bitcoin für sich nutzen möchte. Aus diesem Grund stellt die ungleiche Verteilung keine Ungerechtigkeit dar, sondern gewährt Chancengleichheit, indem es diejenigen prämiert, die das Netzwerk früh unterstützen und entsprecheden Risiken eingegangen sind (und weiterhin gehen).
Zeitraum- anstatt Zeitpunktbetrachtung ist entscheidend: Bitcoin setzt da an, wo das Fiatgeldsystem versagt
Anstatt dem aktuellen Stand der Vermögensverteilung die höchste Priorität zuzuordnen, ist die Entwicklung im Zeitverlauf wesentlich aussagekräftiger und wichtiger essentiell – wie bereits diskutiert, ist eine negative Konsequenz des aktuellen Fiat-Geldsystems eine systematische Vergrößerung der Vermögenskonzentration zwischen reichen und armen Entitäten. Das Bitcoin-Ökosystem ist mit knapp 15 Jahren sehr jung, so dass sich entsprechende Konzentrationen in einem solch frühen Stadium allein aus dem kleinen Nutzer- und Miningkreis zwangsläufig ergeben. Essentiell für den sozialen Mehrwertes des Bitcoin-Netzwerk ist die Fragestellung, wie sich diese Vermögenskonzentration im Zeitverlauf entwickelt, da Bitcoin einen langfristige Zeithorizont verfolgt – und mit einem wachsenden Nutzerkreis entsprechende Verteilungseffekte systematisch eintreten sollten, da es sich um ein knappes Gut ohne Cantillon-Effekt und somit direkte Bevorteilung reicher Entitäten handelt. Bisherige Daten belegen dieses Konzept, wie nachfolgende Grafik zeigt:

Aus den Daten ist ersichtlich, dass sich der Anteil der kleineren Bestandskategorien Shrimps, Crabs, Octopus in den vergangenen Jahren systematisch vergrößert, wohingegen der Anteil an Humpbacks deutlich zurückgeht – obwohl die Anzahl an investierten Unternehmen und Serviceprovidern, welche ebenfalls in die Kohorte einfließen und die Daten in gewissem Umfang verzerren, in den vergangenen Jahren zweifelsohne zugenommen hat. So lässt sich festhalten, dass sich die Bestände mit zunehmender Ausbreitung von Bitcoin entsprechend so verteilen, wie es ein knappes Geld vorsieht: Chancengleich und ohne systematischer Begünstigung bereits vermögender Schichten. Insofern ist Bitcoin heutzutage ungleich, jedoch gerechet verteilt, und stellt durch seine Merkmale als hartes Geld sicher, dass diese Verteilung systematisch gerecht vonstatten geht, wohingegen das aktuelle Geldsystem eine ungerechte Verteilungskonzentration systematisch hervorruft.
Empfehlenswerte Lektüre:
© Philipp Lukasewycz
Aber Bitcoin ist doch…?
Die größten Kritikpunkte an Bitcoin – und was von ihnen zu halten ist
Ist das Bitcoin-Netzwerk ein Klimakiller?
Ist das Bitcoin-Netzwerk ein Schneeballsystem?
Dient das Bitcoin-Netzwerk der Kriminalität?
Ist das Bitcoin-Netzwerk eine veraltete Technologie?
Ist der Bitcoin-Kurs zu spekulativ und volatil?
Wird Bitcoin nicht sowieso verboten?
Wird es nicht bessere Kryptowährungen geben?
Sind die Bitcoin-Bestände nicht bereits sehr ungleich verteilt?
Stellt eine Rückkehr von Satoshi keine Bedrohung dar?
Ist ein deflationäres System nicht schlecht für die Wirtschaft?
Nulla id nibh enim. Aenean dignissim, ligula ut varius facilisis, dolor dolor pretium nulla, eget aliquam ligula ipsum eu metus. Praesent et velit a leo aliquet